[kɔn] Paper No. 8: JAGD
2021
Mit der »Jagd« ist zum ersten Mal ein Titelwort von allein zur [kɔn] gekommen: Das Fleischermuseum Böblingen schrieb uns 2020, ob wir nicht Lust auf eine Kooperation hätten. Natürlich sagten wir Ja – oder, um es mit unserer Lieblingsfigur dieser Ausgabe, der Bärin XXX, zu sagen: »Und warum auch nicht? Warum auch nicht?« Schließlich ist es Zeit für eine Relektüre der Jagd!
In der neuen [kɔn] spüren wir ihr emanzipatorisches Potenzial auf, verfolgen Jagdmotive und -Metaphern durch die Zeiten und bringen in Essays, Artikeln und poetischen Texten die ganze mediale Vielfalt der Jagd zur Strecke. Angefangen mit Jagd-Gründen und Weisheitsjägern in (spät-)mittelalterlichen Erzählungen über mordlüsterne Streichinstrumente in zeitgenössischer Musik und revoltierenden Jägerinnen in der Popkultur – unsere No. 8 zeigt, warum Jagd mehr als nur eine Praxis ist: G.A. Beckmann führt in seinem Dramolett die Jagd maliziös als elitäres Hobby vor, wenn er den Kyny auf All-Inclusive-Reise durch Sissiland jagen lässt. Anhand des Dokumentarfilms Safari macht Laura Beck die (post-)koloniale Dimension der Trophäenjagd sichtbar, und Shannon Ray erklärt, was Jagd mit Umweltschutz zu tun hat. Es werden amerikanische Jungle-Comics und deutsche Jagdzeitungen analysiert, kanonische Texte von Kafka bis Musil aufs Korn genommen und verflossenen Jahren wie Wörtern hinterhergejagt.
Aber das ist längst nicht alles – in der Jagd-[kɔn] lassen wir zudem Henriette Hufgards Titel bunte Wirklichkeit werden und schicken die Netzhaut auf Bilderfang. Aus der Ausstellung »Wilde Jagd« des Fleischermuseums zeigen wir Bilder des Fotografen Luca Siermann und der Künstlerin Karin Brosa, die die Geschichte der Jagdkunst von den repräsentativen Gemälden Adliger bis hin zu Mareys chronofotografischer Flinte neu erzählen. Außerdem hat die Illustratorin Carmen Reina für uns die Jagd verbildlicht: Unter dem Titel »Hunting is a dance for two« zeigt sie Wesen, die nicht nur den Dreischritt der Jagd aus Aufspüren, Verfolgen und Fangen verkörpern, sondern die Jagd als wilden Tanz zeigen: Hier wirbeln die Oppositionspaare Gewinnen/Verlieren, Lust/Angst, Macht/Ohnmacht sowie Beute/Jägerïn farbensprühend durcheinander. Jede ihrer abstrakten Figuren lädt dazu ein, zweimal hinzuschauen – wer ist gerade Jägerïn und wer Beute? Passend dazu haben wir uns mit Carmen Reina für die No. 8 eine kleine Schnitzeljagd durch das Heft ausgedacht: Der beiliegende Stickerbogen birgt acht ortlose Augenpaare, die frei im Heft verteilt werden können. Potenziell lauern so in jeder (Seiten-)Ecke und zwischen allen Zeilen beobachtende und hungrige Augen – sie stellen die Rollen der Text-Jagd auf den Kopf und machen aus Buchstabenjägerïnnen die Beute der Lektüre.






»im Katalog als
›vergnüglicher Jagdausflug mit gewissen Extras‹ beschrieben«
Jagdszene aus Sissiland
G.A. Beckmann


Autorïnnen dieser Ausgabe:
ESSAY:
Florentine Emmelot
Florian Henri Besthorn
Laura Beck
Robert Maximilian Schneider
Simone Schultz-Balluff
FEUILLETON:
Cristine Huck
Henriette Hufgard
Pia Lobodzinski
Shannon Ray
WORTKUNST:
Coraly von Welser
G.A. Beckmann
Kai Krämer
Matthias Dietrich
Michael Spyra
Nick Lüthi
Sasha Ockenden
Steffen M. Diebold
Mitwirkende dieser Ausgabe:
Antonia Kruse, Caro Weißbach, Caroline Rehner, Magda Hirschberger